GameReview: The Witch and the Hundred Knight 2

Zwei Jahre ist es her, seit dem wir in den Genuss der Revival Edition von The Witch and the Hundred Knight gekommen sind. Nun bringt Nippon Ichi Software auch den Nachfolger, welcher bereits im letzten Jahr in Japan auf der PS4 erschienen ist, in den Westen. Ob The Witch and the Hundred Knight 2 an die Qualität des Vorgängers heranreicht oder diesen sogar übertrifft, zeigt unser Test.

 

Prolog: Die Hexe und der dämonische Winzling

Die Schwestern zusammen mit dem Hundred Knight.

In der Region Kevala werden junge Mädchen vom sogenannten Hexensyndrom befallen. Den erkrankten Mädchen wächst ein drittes Auge auf der Stirn und sie verwandeln sich letztendlich selbst in bösartige Hexen. Ihr befindet euch in der Rolle des Hundred Knight, welcher zusammen mit Amalie, einer Agentin der Hexenjäger-Organisation, „Weiße Ritter“ und der Hexe Chelka, die in Amalies jüngerer Schwester Milm erwacht ist, durch die Welt zieht, um nach einer Heilung für diese grässliche Krankheit zu suchen. Als zentraler Ausgangspunkt eures Abenteuers, dient diesmal kein stinkender Sumpf, sondern ein verlassenes Schloss, in dem sich die beiden Schwestern niedergelassen haben. Von hier aus erkundet ihr die umliegenden Gebiete, vertrimmt allerhand dämonisches Getier, und erbeutet nebenbei Unmengen an, mal mehr mal weniger, wertvollen Schätzen.

Kapitel 1: Die Hexe und das Schlauchlabyrinth

Schade: Die weitläufigen Areale des ersten Teils wurden durch schlauchförmige Gebiete ersetzt.

Die einzelnen Gebiete sind nun deutlich übersichtlicher als noch im Erstling. So wird euch die Sicht auf das Geschehen nicht mehr durch lästige Bäume im Vordergrund versperrt. Die neu gewonnene Übersicht ist jedoch auch dem Leveldesign geschuldet. So gibt es keine in sich geschlossenen Stages mehr, sondern ein Netz aus schlauchförmigen Gebieten. Die Areale des ersten Teils waren im Vergleich deutlich weitläufiger, was mehr zum Erkunden eingeladen hat. An sich wäre dieses Leveldesign noch zu verkraften gewesen, aber schon in den ersten Spielstunden kommt man an den immer gleichen Kreuzungen, Seitenwegen, Baumstümpfen und Flussläufen vorbei. Da hilft es auch nicht, dass man keinen Grund mehr hat, noch einmal in frühere Gebiete vorbeizuschauen, da die aus dem Vorgänger bekannten „Tochkas“ nicht mehr dazu verwendet werden, neue Wege zu öffnen. Sehr angenehm ist jedoch die Tatsache, dass ihr an den bereits bekannten Säulen, welche wieder als Wegpunkte dienen, speichern könnt.

Nach getaner Arbeit könnt ihr beim Schloss eure Ausbeute im örtlichen Shop verkaufen, was nun die einzige Möglichkeit ist, an Geld zu kommen. Das werdet ihr jedoch kaum nötig haben, da die im Shop angebotenen Waffen, kaum der Rede wert sind und ihr mit Heilitems ohnehin zugeschüttet werdet. Abgesehen von der Möglichkeit euer Hab und Gut zu verscherbeln, könnt ihr im Schloss auch eure Ausrüstung verstärken. Da eure Waffen und Rüstungen nicht mehr im Kampf aufleveln, solltet ihr das nicht vernachlässigen, da ihr sondt in Rekordzeit das Zeitliche segnet.

Kapitel 2: Die Hexe und die Ein-Mann-Armee

Das Kampfsystem ist Actionrollenspiel-typisch nicht allzu kompliziert und sollte besonders Fans des ersten Teils vor keine großen Herausforderungen stellen, da es größtenteils aus dem Vorgänger übernommen und um einige Elemente erweitert wurde. So habt ihr diesmal zusätzlich zu den normalen Angriffen, auch Zugriff auf verheerende Spezialangriffe. Diese könnt ihr mit den beim Aufleveln verdienten Skillpunkten freischalten, beziehungsweise aufwerten. Angenehm ist, dass sich die verteilten Punkte, jederzeit zurücksetzen lassen. Gelingt es euch im richtigen Zeitpunkt auszuweichen, aktiviert sich wie schon im ersten Teil eine Zeitlupe. Diese Gelegenheit solltet ihr zu schätzen wissen, da ihr währenddessen unanfällig gegen die Angriffe eurer Widersacher seid. Auch der Berserker-Modus aus dem ersten Teil ist, wenn auch in leicht abgewandelter Form, wieder mit von der Partie.

Im Spiel bekommt ihr es nicht nur mit Gegnern in eurer Größenordnung zu tun, …

Während des Spielverlaufs erhaltet ihr wieder die sogenannten „Facets“, die nichts weiter darstellen als kampfspezifische Spezialisierungen für den Hundred Knight. So unterscheiden sie sich durch ihre Skills, ihre Statuswerte und wie effektiv sie die unterschiedlichen Waffentypen nutzen können. Hervorheben muss man an dieser Stelle, dass sie sich diesmal einen Level teilen, weshalb ihr nicht mehr ewig grinden müsst, bevor neu erhaltene „Facets“ auch nur ansatzweise nützlich sind.

… sondern stellt euch auch den übergroßen Bossen.

Die euch zur Verfügung stehenden Waffen lassen sich in drei Schadensarten unterteilen. Wie es sich für ein anständiges Rollenspiel gehört, sind verschiedene Gegner anfällig bzw. resistent gegen verschieden Elemente. Es gilt also, sich so früh wie möglich ein anständiges Repertoire an verschiedenen Waffen zuzulegen, da ihr schon zu Beginn eures Abenteuers auf Gegner stoßt die immun gegen bestimmte Schadenstypen sind. Wie wichtig das richtige Ausrüstungsmanagement ist, zeigt sich vor allem bei den zum Teil extrem zäh ablaufenden Bosskämpfen. So kommt es nicht selten vor, dass ihr normale Widersacher mit maximal zwei Schlägen auf die Bretter schickt, nur um dann die nächsten fünfzehn Minuten an einem Boss zu hängen, der an sich nicht sonderlich schwer ist, aber dafür um so mehr Gesundheit hat. Des Weiteren gibt es keine Möglichkeit, einzelne Gegner anzuvisieren, wodurch ihr vor allem in den ausufernden Massenschlachten, den ein oder anderen Schlag abbekommt.

Kapitel 3: Die Hexe und der Feinschmecker

Unser kleiner Freund mag es blutig.

Eure Angriffe könnt ihr zu mächtigen Kombos zusammenketten. Je länger die Kombo ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Gegner bei ihrem Ableben, wertvolle Gegenstände fallen lassen. Die so erbeuteten Gegenstände werden, während ihr auf Erkundungstour seid, in eurem Magen zwischengelagert. Die Ausnahme sind hierbei aufgesammelte Heilitems. Diese können nun sofort nach dem Aufsammeln eingesetzt werden und müssen nicht mehr in das Hauptquartier gerettet werden. Fans des ersten Teils wissen, wie nervtötend es sein konnte, dass einem die Heilgegenstände ausgehen, obwohl der Magen bis zum Bersten mit eben diesen gefüllt war. Anders als im ersten Teil erhöht sich die Tragekapazität nun mit steigendem Level und nicht mehr durch Erweiterungen die in der Welt zu finden sind. Sollte es vorkommen, dass euch der Platz ausgeht, könnt ihr die im Magen verstauten Gegenstände verdauen und so Kalorien, im Spiel „GigaCals“ genannt, zurückgewinnen.

Ein bis zum Bersten gefüllter Magen.

Sinkt eure Gesundheit auf null, gehen rund zehn Prozent eurer aufgesammelten Gegenstände verloren. Habt ihr jedoch keine Kalorien mehr verliert ihr im Falle eures Ablebens all eure bisher gesammelten Gegenstände und es heißt Game Over. Das ist jedoch nicht der einzige Grund, weshalb ihr auf euren Energiehaushalt achten solltet. Wie bereits im Vorgänger sind Kalorien ein elementarer Teil des Spiels. So regeneriert ihr durch sie verlorene Gesundheit oder führt bestimmte Aktionen aus. Geht euch die Energie aus, kämpft ihr nur noch mit einem Bruchteil eurer Kraft. Die Entwickler geben euch jedoch mehr als genug Möglichkeiten, euren Energievorrat wieder aufzufrischen, wie zum Beispiel das Verspeisen eurer Feinde oder der Einsatz von Items.

Kapitel 4: Die Hexe und das Kuriositätenkabinett

Einige Charaktere werden euch noch lange in Erinnerung bleiben.

Die wohl stärksten Argumente für The Witch and the Hundred Knight 2 sind die herrlich bitter-böse Geschichte und die unfassbar abgefahrenen, aber dennoch liebevoll gestalteten Charaktere, wie sie typisch für Nippon Ichi Software sind. So trefft ihr recht früh im Spiel auf Zophie, eine Sarghammer schwingende vierzehnjährige Kommandantin der „Weißen Ritter“, mitsamt fleischfressendem Stethoskop oder, unser persönlicher Favorit, der Dragqueen-Butler-Rabe Huninnmuginn, welcher sich unserer kleinen Gruppe anschließt. Selbst der im Vergleich eher wortkarge Hundred Knight wächst einem wahnsinnig schnell ans Herz.

Die 3D-Zwischensequenzen hauen zwar niemanden vom Hocker, aber erfüllen ihren Zweck.

Die in Kapiteln erzählte Geschichte wird sowohl durch 2D, als auch 3D-Zwischensequenzen vorangetrieben und ist im Gegensatz zum Vorgänger, vollständig mit englischer oder japanischer Sprachausgabe vertont. Nach einer deutschen Lokalisierung sucht man allerdings vergebens. Um also in den vollen Genuss der Story zu kommen, solltet ihr zumindest der englischen Sprache mächtig sein. Die 2D-Zwischensequenzen warten mit wunderschön gezeichneten Charakteren auf, bei den jedem hart gesottenen Japano-Fan das Herz aufgehen sollte. Die 3D-Zwischensequenzen hingegen, sind zwar detaillierter als noch im ersten Teil, aber im Vergleich zu anderen Vertretern des Genres eher mittelmäßig. Immerhin lässt sich über das Optionsmenü die Auflösung jederzeit anpassen. Des Weiteren sind sie jetzt nicht mehr ausschließlich in der gewohnt isometrischen Kameraperspektive, wodurch das Geschehen deutlich besser in Szene gesetzt wird.

Epilog: Die Hexe und das verschenkte Potential

Besonders Fans des ersten Teils merken schnell, dass sich Nippon Ichi Software der Probleme des Erstlings angenommen hat und viele Elemente verfeinert, wenn nicht sogar komplett über den Haufen geworfen hat. So fällt allem voran das leicht überarbeitete Kampfsystem auf, welches nun dank der hinzugefügten Skills etwas abwechslungsreicher geworden ist. Zusätzlich behält The Witch and the Hundred Knight 2 einige Tugenden des Vorgängers, wie die schön erzählte Geschichte und die wunderbar verschrobenen Charaktere, bei. Umso trauriger ist es, dass dabei andere Aspekte auf der Strecke geblieben sind. So trüben die, sich ständig wiederholenden, schlauchförmigen Gebiete, den Spielspaß und sind in dieser Ausführung einfach nur unnötig. Falls ihr euch daran jedoch nicht stört, ist The Witch and the Hundred Knight 2 auf jeden Fall einen Blick wert, da es unterm Strich ein solider Vertreter des Action-RPG-Genres ist. Fans des Erstlings können bedenkenlos zugreifen, da es allemal an dessen Qualität heranreicht.

 

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