Geek-Pool Cannes Tagebuch Eintrag 3, (Sektion Un Certain Regard, Part 1)

© Festival de Cannes

Nachdem die Erwartungen an die Filme des Festivals drastisch gesunken waren, wurde es Zeit unbekanntes Terrain zu erkunden. Mit anderen Worten Filme aus der Sektion „Un Certain Regard“. Diesmal gab es keine namenhaften Schauspieler, ganz im Gegenteil. Viele von ihnen wären mir durch den Wettbewerb überhaupt nicht aufgefallen. Dennoch war ich sehr positiv überrascht, wie merklich sich doch der Qualitätsunterschied gegenüber dem Wettbewerb abzeichnet.

Zuerst ging es in „Rafiki“.

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Eine Liebesgeschichte zweier Mädels aus Kenia, Afrika, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während Kenna aus eher ärmlicheren Verhältnissen stammt, sich alles hart erarbeiten muss, ihrem Vater sogar im Laden aushilft, ist Ziki das komplette Gegenteil. Sie stammt aus gutem Hause und tut im Gegensatz zu Kenna hauptsächlich tanzen und das Leben genießen. Kenna, die eher mehr mit Jungs abhängt, ist von Ziki sofort fasziniert. Dummerweise konkurieren ihre beiden Väter in der Wahl um den Bürgermeister Posten und allegemein ist die Liebe zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Menschen ein absolutes Tabu in Afrika. Dennoch kämpfen beide darum, auch wenn die Chance auf einen Sieg unwahrscheinlicher nicht hätte sein können.

Was auf den ersten Blick wie eine konventionelle Liebesgeschichte klingt, erweißt sich als Drama mit romantischem Einschlag. Der Film blickt tief in die kulturellen Differenzen in Afrika, das Aufzeigen der Unterschiede Arm und Reich und die politischen Verhältnisse. Aber vor allem ist es eine wunderschöne Coming of Age Geschichte, über zwei Mädels die einander lieben und deswegen mit sämtlichen Hürden zu kämpfen haben, die die Gesellschaft zu bieten hat. Was hier gezeigt wird, ist aufrüttelnd, verstörend, skandlös wie diese Mädchen von der Gesselschaft geächtet, sozial ausgegrenzt und letzten Endes gewaltsam voneinander getrennt werden. Man zeigt hier, dass die Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlicher Liebe noch lange nicht weltübergreifend ist und einige Kontinente, noch immer borniert und uneinsichtig diesen Umstand händeln. Es ist schockierend was diese jungen Frauen durchmachen müssen, nur weil sie nicht in das vorgegebene System passen. Sie werden verprügelt und niemand schaut hin oder tut was dagegen. Alle finden den Fakt, dass diese beiden sich lieben, deutlich schlimmer als die gewalttätigen Handlungen, die daraus resultieren. Im Gegenteil, sie wird stillschweigend hingenommen und viele fühlen sich dazu berichtigt, die angeblich „bösen Dämonen“ auszutreiben. Für diese Leute kommt sowas genauso schlimm wie Teufelsanbeter. Selbst Kennas und Zikis Freunde haben für deren Liebe kein Verständnis. Je mehr man sieht, desto ergriffener ist man.

Hier der Trailer:

Weiter geht es nach Schweden zu „Grans“.

Ein Film, der anfänglich ein Rätsel ist. Selbst nach gezeigten Ausschnitten und der Inhaltsangabe stellt sich die Frage: Worum geht es in „Gräns“?“ Das jetzt zu verraten, wäre in der Tat ein Spoiler und würde dem Film auch letztlich seinem Charme berauben. Am besten ist, man geht ohne jegliches Wissen in diesen Film rein. Was anfänglich wie der Inhalt einer schwarzen Komödie klingt oder eines Thrillers, entpuppt sich als origineller Genrebeitrag, was man so nicht oft sieht beziehungsweise noch nicht in dieser Art und Weise gesehen hat. Beginnen tut er relativ ruhig, wir befinden uns in Schweden und folgen Tina, einer Zollbeamtin mit speziellem Geruchssinn, der ihr ungeahnte Vorteile in ihrem Berufsfeld verschafft.

Doch woher hat die Frau ihre besondere Begabung und wieso ist sie so anders als ihr Umfeld? All diese Fragen, führen letzten Endes zu einer abstrusen wenn gleich auch genialen Lösung, die man so nicht erwartet hat. Dafür besinnt man sich auf die filmischen Stärken der Schweden, ihre Umgebung und Kultur in Szene zu setzen, sodass man zu hundert Prozent sicher sein kann, dass diese Geschichte original Skandinavisch ist. Der Kreativität sind hierbei keine Grenzen gesetzt. Wichtig bei diesem Film ist, dass man so wenig wie möglich über ihn weiß. Erst dann entfaltet er seine wahre Kraft. Man kann auch schlussendlich nicht sagen, zu welchem Genre er gehört, er ist ein Mix aus verschiedenem und definitiv in seiner Form einzigartig.

Hier ein Filmclip:

Über Marcel 584 Artikel
Film ist eine Sprache die jeder versteht. Egal ob in serieller Form oder als Animation, Film dient den Menschen als Unterhaltung und begeistert durch seine Vielfältigkeit. Sei es auf den Ebenen der Erzählung, Effekten oder Charakteren. Film ist aber nicht nur eine Sprache, sondern eine Kunstform, ganz gleich in welcher Art und Weise. Das was ich an Film und allgemein an Medien liebe, ist die Vielfältigkeit, die verschiedenen Ebenen insbesondere die Meta Ebenen und in neue Welten einzutauchen. Aber auch Kritik und Lösungsvorschläge filmisch an unserem heutigen System auszuüben und zu zeigen, wie die Welt in der Zukunft aussehen könnte. "Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein".

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