
Jafar Panahi und Kirill Semjonowitsch Serebrennikow. Der eine macht Musik, der andere wartet im Auto und doch teilen sie eine Gemeinsamkeit. Beide Filmemacher stehen unter Hausarrest, somit war es weder Panahi noch Serebrennikow möglich, persönlich bei den Filmfestspielen anwesend zu sein. Traurig, gerade auch weil Panahi letzten Endes einen Preis für das beste Drehbuch gewonnen hat. Beide Filme liefen nämlich außerdem im Wettbewerb und hätten somit die Chance auf die Goldene Palme.
„Three Faces“ oder Jafar Panahi in Vertretung in Cannes.

Warum, ist mir nicht ganz klar, allerdings habe ich mich nie mit den Einzelheiten der Verbote auseinandergesetzt. Ich halte sie für Schwachsinn, das nur nebenbei am Rande. Taugen denn die Filme wenigstens etwas oder wäre es kein Verlust gewesen, wenn sie dieses Jahr nicht im Wettbewerb dabei gewesen wären? Im Großen und Ganzen ja, allerdings ist Panahis „Three Faces“ für einen Außenstehenden nur schwer zu ertragen, gerade wegen seines sehr gemächlichen Tempos und den minutenlangen Sequenzen, in denen man nichts weiter sieht als Panahi, wie er im Auto wartet.
Kurz zur Handlung:
Eigentlich ist der Film mehr eine fiktionale Dokumentation. Panahi begleitet hierbei die Schauspielerin Jafari auch ihrer Suche nach einem jungen Mädchen, die ihr ein alarmierendes Video via Handy geschickt hat. Nun ist es an Panahi und Behnaz Jafari, Licht ins Dunkel zu bringen.
Was eigentlich wie ein sehr interessanter Plot eines Thrillers inklusive Twist klingt, entpuppt sich als langatmiges, vorhersehbares Road Movie, dass vor allem, wie auch Panahis frühere Werke, politischer Natur ist. Haupt- und Drehangelpunkt ist hierbei die Stellung des Berufs der Schauspielerin im Iran. Man sieht hier im Großen und Ganzen, wie eine junge Frau versucht, gegen den Willen ihrer Familie ihren Traum zu verwirklichen. Dafür geht sie sogar so weit und inszeniert ein eigenes kleines Schauspiel mit Hilfe ihrer Schwester. Natürlich fragt man sich, wieso sie so weit geht, angesichts der Umstände wird aber einem nach wenigen Minuten klar, dass sie im weiten Sinne gar keine andere Wahl hatte. Allerdings ist der Film extrem geprägt von der iranischen Kultur, was für einige befremdlich wirken könnte, selbst wenn die Botschaft umso wichtiger ist. Es gelingt ihm nicht, eine Bindung zu dem Zuschauer aufzubauen, so dass man den Film mehr aus der Betrachtung eines Außenstehenden wahrnimmt. Vielleicht künstlerisch wertvoll, definitiv aber schwer verdaulich.
Wieso allerdings Serebrennikow Hausarrest bekommt, ist fraglich. Sein Film huldigt der russischen Musikszene der 70er und 80er Jahre und der künstlerischen Freiheit. Vor allem aber ist der Film sehr graphisch, spielt mit Schriftarten, Stilrichtungen und fühlt sich teilweise an wie ein überlanges Schwarz-Weiß-Musikvideo mit Tiefgang. Gerade die ganzen musikalischen Referenzen auf die Zeit, und das Vermitteln der Werte von Freiheit und die Kraft der Gemeinschaft machen den Film zu einem besonderen Erlebnis. Vorausgesetzt man ist musikbegeistert und weiß diese auch zeitlich einzuordnen. Siehe David Bowie, Lou Reed und natürlich allgemein Rock. Genau wie die Musik lässt sich der Film treiben, was für die Anlehnung an die damalige Zeit spricht. Er ist sehr künstlerisch angehaucht, was sich merklich zeigt, wenn Mike mit seinen Bandkollegen über die verschiedenen Motive und Herangehensweisen an die Musik seiner Vorbilder philosophiert. So wird viel in die Musik hineininterpretiert sowie der Weg der Künstler von ihren Anfängen zum Erfolg porträtiert. Inwiefern das auf die Wirklichkeit zutrifft, ist allerdings nicht Gegenstand des Films, auch wenn immer mal Fotoaufnahmen der realen Künstler eingespielt werden. Es ist ein Film, der zum Nachdenken anregt und gleichzeitig Lust auf Musik macht.
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