BFI London Film Festival, Tagebuch Tag 4: „The Hate U Give“

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„The Hate U Give“. Ein Titel, viele Bedeutungen. Der Hass hat eine Stimme, man sieht und hört ihn tagtäglich. Manchmal erlebt man ihn sogar live oder muss unter ihm leiden, weil man anders aussieht. Hass hat viele Formen: Rassismus, Nationalismus, Gangster, Clans. Hassen kann jeder, egal ob weiß oder schwarz, arm oder reich. Jeder hat das Recht und spielt dieses auch aus. Doch was macht Hass mit uns, wie viele Opfer fordert er noch ein, bevor endlich jemand den Schlussstrich zieht? Sollte man nicht eher gegen den Hass vorgehen und versuchen, friedlich miteinander auszukommen? Aber ist das in der heutigen Welt überhaupt noch möglich?

Dass sich Filme damit ernsthaft auseinandersetzen, ist relativ selten. Die meisten stellen sich auf eine Seite, bestes Beispiel: Schwarze gegen Weiße. Schwarze werden von weißen Cops ungerechtfertigt aufgegriffen, angegriffen, erschossen und hinter Gittern gebracht, ohne jeden Grund. Oder weiße Cops haben Stress mit schwarzen Gangs, die mit Drogen dealen und/oder Waffen verkaufen. Oder natürlich Frauen gegen Männer, bei denen meistens die Frauen unterdrückt und gedemütigt werden und sich gegen ihre Peiniger zur Wehr setzen müssen. Genau all‘ das macht „The Hate U Give“ nicht. Aus einem normalen Ausgangsszenario, in dem eine farbige Teenagerin mit ansehen muss, wie ihr bester Freund unschuldig erschossen wird, weil der Polizist dachte, er hätte eine Waffe statt einer Haarbürste, entsteht der vielleicht beste und ehrlichste Film seit langem über diese Thematik.

© 20th Century Fox

Der Film beleuchtet die Geschichte hauptsächlich aus der Sicht von Starr (Amandla Stenberg), die mit alldem fertig werden und ihre eigene Identität finden muss, wer sie wirklich sein will. Immerhin ist sie die einzige Zeugin des Verbrechens und muss sich nun entscheiden: Wird sie aussagen, wird sie es nicht, ist es richtig, wenn sie es nicht tut? Wer kann ihr den Mund verbieten und auch: Was haben ihre Handlungen für Konsequenzen auf ihr bisheriges Leben? Sie wohnt in einem schwarzen Viertel, geht aber auf eine Schule voller weißer Leute. Allein diesen Gegensatz so unaufgeregt wie möglich zu zeigen, gelingt dem Film hervorragend – mitsamt der verschiedenen Sichtweisen, warum der Cop so gehandelt hat, was seine Familie durchmachen muss, ebenso die Familie und Gemeinde des Jungen wie auch das alltägliche Problem vieler Polizisten, die eine zentrale Rolle hierbei spielen und somit aufzeigen, dass deren Handeln keineswegs unbegründet ist. All‘ das zeigt der Film, all‘ diese Gegensätze, Unterschiede und Gemeinsamkeiten, was am Ende wirklich zählt und dass es durchaus eine Lösung gegen Hass gibt.

Trotz dass es eine Jugendbuchverfilmung ist, sollte jeder diesen Film gesehen haben. Da es ihm gelingt, die Balance zwischen Jugenddrama und Gesellschaftskritik auf eine Art und Weise zu halten, die beispiellos ist. Von der ersten Sekunde zieht er einen in den Bann, und dass das Ganze aus der Sicht eines 16-jährigen Mädchens geschildert wird, macht ihn nur noch interessanter. Ein Film, der zwar Gewalt aufzeigt, aber diese nicht verherrlicht, egal ob nun von schwarzer oder weißer Seite.

© 20th Century Fox

George Tillman Jr. gelingt hiermit sein bisher bester Film. Er betonte mehrmals, wie sehr ihn die Geschichte mitreiße und wie wichtig ihm die Thematik sei, da er selbst als schwarzer Regisseur in Hollywood damit konfrontiert wurde.

Er zeigt im Film alle Formen von Rassismus, wie er instrumentalisiert wird, weil beispielsweise die Schüler einer weißen Schule keine Lust auf Unterricht haben und deshalb mit dem Slogan „Black Lives Matter“ demonstrieren gehen, aber auch, wie manche es zum Anlass nutzen, Gewalt zu verüben. Auch der moderne Rassismus, der schon in „Get Out“ ausführlich thematisiert wurde, wird in „The Hate U Give“ aufgegriffen, indem Menschen denken, dass das Schwarzsein hip und cool ist und sozusagen Menschen dieser Hautfarbe als eine Art fremde Spezies bezeichnen. Und auch wenn das Ganze sehr plakativ wirkt, so ist es wichtig, diesem Thema eine Plattform zu geben.

Wie Tupac sagte: „Der Hass, den Du kleinen Kindern gibst, fällt auf jeden zurück.“

Über Marcel 584 Artikel
Film ist eine Sprache die jeder versteht. Egal ob in serieller Form oder als Animation, Film dient den Menschen als Unterhaltung und begeistert durch seine Vielfältigkeit. Sei es auf den Ebenen der Erzählung, Effekten oder Charakteren. Film ist aber nicht nur eine Sprache, sondern eine Kunstform, ganz gleich in welcher Art und Weise. Das was ich an Film und allgemein an Medien liebe, ist die Vielfältigkeit, die verschiedenen Ebenen insbesondere die Meta Ebenen und in neue Welten einzutauchen. Aber auch Kritik und Lösungsvorschläge filmisch an unserem heutigen System auszuüben und zu zeigen, wie die Welt in der Zukunft aussehen könnte. "Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein".

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