„Speaking Simulator“ Review

©Affable Games

Wie wird Sprache simuliert? In Speaking Simulator bedienen Spieler einen Androiden, der mit Menschen kommuniziert um die Weltherrschaft zu übernehmen. Ob es sich bei diesem Indie-Game um ein rhetorisches Meisterstück oder eine defekte Labertasche handelt, erfahrt ihr in unserem Test.

Auf der Gamescom 2019 hatten wir vorab ein Gespräch mit Chefentwickler Jordan Comino, der uns seine Spielidee präsentierte und erklärte, dass es sich bei „Speaking Simulator“ um keine realistische Alltagssimulation, sondern vielmehr eine überzogene Parodie handelt. Das Spielprinzip ist recht einfach gestaltet. Ein Androide, der mit einem Menschen Kontakt aufnimmt, muss erfolgreich durch das jeweilige Gespräch geführt werden. Wenn der Dialog misslingt, zerfallen einzelne Gesichtspartien wie Mund, Nase, Ohr oder Augen. Bei zu vielen Fehleingaben wird euer zugesetzter Androide vom Gesprächspartner enttarnt und die Aufgabe scheitert.

Um Wörter auszusprechen, muss der Spieler mit dem rechten Analogstick Lippenbewegungen nachformen, während man mit dem linken Stick die Zunge bedient, um die im Mund vorhandenen drei Schalter zu aktivieren. Jedes neu formulierte Wort lässt die Schalter grün oder rot aufblinken. Erwischt man mit der Zunge den roten, statt den grünen Taster wird ein Fehler verursacht. Die Steuerung ist leicht zugänglich, wenn auch die schwammige Zungenbedienung häufig eine ungewollt falsche Eingabe erzwingt. Das originelle Spielkonzept fühlt sich anfangs noch frisch an, wird aber ebenso schnell monoton und ermüdend. Zusätzliche Upgrades, die weitere Gestekulierungen ermöglichen und erst plump freigeschaltet werden müssen, bieten nur bedingt mehr Abwechslung. Das Gameplay ist im späteren Spielverlauf eine überfrachtet, fummelige Eingabeaufforderung, die mühsam daherkommt, ohne den Schwierigkeitsgrad wirklich zu steigern.

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Allerdings bringt jede Eingabe witzige Gesichtsanimationen hervor. Die übertriebene Spielphysik sorgt gerade deshalb für reichlich Humor, da sie moderne Technologie ins Lächerliche zieht und eine herrliche Gesellschaftskritik darstellt. Es ist amüsant mit anzusehen, wie ein Androide formelhaft Sätze bildet und der menschliche Gesprächspartner den Satzalgorithmus stumpfsinnig wiederholt. Der ironische Unterton unterhält aber nur bedingt, denn die Dialoge laufen sehr einseitig ab und fügen den 10 verschiedenen Szenarien nichts Neues hinzu. Egal ob das Gespräch in einem Restaurant, im Büro oder in der Disco geführt wird, der dort ansässige Gesprächspartner reagiert immer positiv auf eure Aussagen. Selbst die kurze Spielzeit fällt durch den Abwechslungsmangel zu lang aus. „Speaking Simulator“ verharrt auf seiner soliden Grundidee, ohne weitere spielerische Einfälle darzulegen, die nötig gewesen wären um das Spiel aufzuwerten.

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Doch nicht nur das Gameplay enttäuscht, auch technisch bleibt der Titel unter seinen Möglichkeiten. Die detailarmen Texturen sind bei solch einem Independent-Projekt noch verzeihlich, wohingegen leblos wirkende Charaktere und lieblos gestaltete Hintergründe einen unschönen Eindruck hinterlassen. Zumindest die vielfältigen Gesichtsanimationen beim spielbaren Androiden können überzeugen. Wohingegen Gesichtsausdrücke sämtlicher NPC’s starr wirken. Bei den gezeigten Animationen, hat man den Eindruck die menschlichen Gesprächspartner wären ebenfalls Androiden, deren mimische Sensoren fehlen. Eine Darstellung, die einen ironischen Gesellschaftskommentar vermuten lässt, aber im Gesamteindruck wie ein Zufallsprodukt erscheint.

Immerhin kann Speaking Simulator“ musikalisch überzeugen. Stimmige Rhythmen begleiteten unaufdringlich das Spielgeschehen, wuchtige Soundtracks sollte man dennoch nicht erwarten. Immerhin sorgt vor allem das Disko-Level, mit seinen wechselnden Beats, für eine wohlklingende Atmosphäre, besonders wenn eure Spielfigur zum Takt der Musik mitschwingt. Leider verursacht der musikalische Ausschlag den einen oder anderen Glitch – dann hängt einem buchstäblich die Zunge zum Halse raus. Bestimmte Aktionen sind nun nicht mehr möglich und das Level muss neu gestartet werden. Auch bei einigen Fehleingaben versagt die Spielphysik, sodass sich der Gesichtsausdruck des Androiden fehlerhaft verformt und  die wenigen Interaktionen im Spiel viele Glitches verursachen.

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Die größte Negativerfahrung sammelte ich dann in der 7. Mission. Als mein Androide die Tanzfläche betrat und das Spiel mir endlich neue Gamplaymechaniken präsentierte, stürzte es unerwartet ab. Der Tanz nahm ein abruptes Ende, die anschließende Missionswiederholung löste an derselben Stelle erneut einen Absturz aus und so konnte ichSpeaking Simulator“ nicht beenden. Wahrscheinlich ist dieser Gamebreaking-Glitch nur in meiner Testfassung oder meinem Save-File vorhanden, denn ich konnte mir einen kompletten Walkthrough der Switch-Fassung (die ich getestet habe) nochmal auf YouTube anschauen. Wie erwartet, wiederholte sich der Spielablauf auch in den letzten Szenarien. Der ein oder andere Monolog über „menschliche Wiederverwertung“ konnte mich nochmals zum Schmunzeln bringen, einen besonderen Dialogwechsel konnte das Finale aber ebenso wenig hergeben.

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Fazit: Eine witzige Spielidee, die sich schnell abnutzt. Speaking Simualtor“ ist mit sämtlichen Features ausgestattet: wiederholende Gameplayelemente, eintönige Missionen und technische Aussetzer sorgen für Ernüchterung. Die dazu installierte Gesellschaftskritik ist ausbaufähig, da sie wie ein unbewusst platziertes Extra daherkommt. Selbst die unterhaltsamen, aber einseitigen Dialoge hätten noch ein Upgrade benötigt.

Über DennisG 11 Artikel
Hallo, ich bin der Dennis und ich mag Kritiken. Eine Kritik sollte meiner Meinung nach in erste Linie ehrlich sein, um sich von der Allgemeinheit abzuheben, damit nicht nur der einfache Massengeschmack zufrieden gestellt wird. Durch den technischen Fortschritt sammelt sich heutzutage eine Masse an Filmen an und der große Anklang richtet sich hauptsichtlich auf Filme mit der teuersten Werbekampagne. Als Hobbykritiker ist es mir darum umso wichtiger mehr als den blinden Werbewahn zu zeigen. Meine Beiträge werden sowohl schriftlich, als auch filmisch präsentiert. Bei Geek-Pool bin ich hauptsächlich als Videoredakteur tätig. Mein primärer Fokus liegt also auf Specials, visuelle Umsetzung von Ideen und Interviews. Neben meiner Filmleidenschaft habe ich auch ein Faible für Gamekultur und es ist mein größtes Interesse dieses junge Medium gesellschaftlich zu fördern.

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