„Berlin Alexanderplatz“ Film Review

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Prolog

Der Alexanderplatz in Berlin. Ein Meisterwerk historischer Baukunst, was gerade durch den berühmten Berliner Fernsehturm, das Wahrzeichen Berlins immer attraktiv für Touristen und Reisegruppen ist. Doch Berlin Alexanderplatz ist auch der Titel eines weltberühmten Romans von Alfred Döblin, welchem mit der Seriellen Verfilmung von Rainer Werner Fassbinder, Tribut gezollt wurde.

Bis dato hat kein Filmemacher jemals sich wieder an den Stoff gewagt, wahrscheinlich immer mit dem Gedanken, dass man dann, sich mit Fassbinders Serie messen müsste. Alle, bis auf Burhan Qurbani, der dachte, man könne diesen Roman in die Gegenwart transferieren.

Nun ist Döblin sehr urban, die Stadt Berlin, der Alexanderplatz spielt eine eigne Rolle, es hat einen Grund warum sich das alles ausgerechnet in Berlin zuträgt. Bei Qurbanis Film hat man das leider nicht, die Stadt ist eher im Hintergrund statt Mittelpunkt, Berlin speziell der Alexanderplatz soll den moralischen Kompass von Francis versinnbildlichen und allgemein erinnert hierbei vieles mehr an Göthes Faust und Shakespeere statt an Döblin.

Viele Farben und Klänge

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Ein weiteres Indiz dafür wäre die Farbgebung, dem Zuschauer wird teilweise eine in neonlicht-getauchte Stadt präsentiert, andererseits aber auch Rückblicke in verschiedenen Rot/Lila Tönen. So kann man durchaus sagen, dass der Film seine ganz eigene Mythologie heranzüchtet und diese mit einer generischen, sich immer wechselnden Voice Over Stimme aus dem Off unterfüttert. Mal Mieze, mal Reinhold, mal Eva, mal Pums und dann alle zusammen.

Er fühlt sich so an, als würde Qurbani versuchen im Gewand und der Struktur des Romans eine eigene Geschichte zu erzählen, beziehungsweise eine eindringliche Botschaft zu vermitteln, fast wie in einem Gottesdienst. Man tut Buse, hört sich das an, denkt als jemand der mehr als nur Schullektüre gelesen hat, oh das Zitat hast du gerade aus der Vorlage entnommen oder ah verstehe, aber im Grunde versteht man es eigentlich nicht. Man versteht nicht, worauf der Film hinauswill.

Doppelmoral oder zu viele Metaphern

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Phrasendreschereien trifft es da gut. Die Charaktere sagen nichts oder eigentlich schon, aber das geht im Deutsch Grundkurs unter und man wird teilweise das Gefühl nicht los, dass der Film immer mehr sein will, als er eigentlich ist. Fast so wie bei Vigilanten. Die wollen Richter, Henker und Urteilssprecher sein. So will Qurbani sowohl auf die Missstände in Bezug auf Flüchtlingsheimen aufmerksam machen, gleichzeitig prangert er die Kriminalität speziell Drogengeschäfte (wobei Gras dealen als Drogengeschäft, naja da gibt es in Berlin deutlich härteres auf der Straße) an und will noch entscheiden, welche Lebensweisen gut und richtig sind und welche nicht.

Charaktere oder eher Abziehbilder?

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Das Hypersexualität, an der Reinhold leidet, eine ernst zu nehmende psychische Störung ist, kommt durch das extravagande Schauspiel von Albrecht Schuch nicht zum tragen. Denn der benimmt sich weder irre noch wie ein Psychopath, von dem eine anziehende Aura ausstrahlt und wird mit der Zeit immer anstrengender. Deswegen kann man auch nicht ganz nachvollziehen, warum Franz so eine enge Bindung zu diesem Chaoten hat.

Hingegen Franz, Standpunkt und allgemein sein Charakter machen den Film zu etwas besonderem. Man durchlebt das Elend hautnah, man kann sich gut in ihn hineinversetzen, in seine brenzliche Lage und sieht die Welt durch seine Augen. Das ist auch ganz klar die große Stärke des Films. Gleichzeitig verkommt sein Charakter oder allgemein der Ausländer im Film zu einem Stereotypen. Natürlich sind Ausländer vor allem Flüchtlinge in Drogendeals und kriminelle Machenschaften verwickelt, weil was anderes kennen sie nicht. Die einzige Ausnahme ist eine Clubbesitzerin. Diese Perspektivlosigkeit, die das deutsche Kino an der Stelle bietet, ist ernüchternd. Klar man ergründet, warum das so ist, aber das es nicht so ist, dass es auch eine Gegenseite gibt, wird nicht aufgezeigt.

Hier wirkt die Geschichte zu sehr Gangsterdrama nach Schema F mit all ihren Stereotypen, aber genau Das ist der Roman ja nicht, sozusagen nimmt man die Essenz der Charaktere des Romans und bricht sie herunter auf ein Minimum. Man sieht nur selten die guten Seiten von Francis, die wirklichen Bestrebungen mehr aus sich zu machen, als nur wieder in den Abgrund zu rutschen. Gerade dieses spalten der Gesellschaft in gut und böse, das Schwarz und Weiß Denken prangert Schuchs Charakter an, aber der Film lebt es.

Bilder, die die Welt bewegen

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Qurbani ist zwar nicht der begnadetste Geschichtenerzähler, allerdings seine Bilder treffen den Nerv der Zeit und gerade in den Momenten, die nicht von Dialog überflutet sind und man nur diese auf sich wirken lässt, wird der Film einzigartig, poetisch und stimulierend. Und das ist etwas, was dem deutschen Kino fehlt, die Bildsprache. Sei es die ruhige Kameraführung bei den Aufnahmen durch die Gänge des Flüchtlingsheims, oder eine Verfolgungsjagd im Park aus der Vogelperspektive, Qurbani weiß, wie man diese Momente einfängt und auf der Leinwand in seiner Gänze ausbreitet.

Epilog

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Die Phrase aus dem Film, die immer wiederholt wird „ich will gut sein“ trifft es hier auf den Punkt. Der Film will ein wirklich guter Film sein, leider konzentriert er sich zu sehr auf die Story, auf literarische Bezüge und Metaphorik, anstatt einfach mal die Bilder und die Stadt Berlin, die Geschichte erzählen zu lassen. Er will es, aber kann es doch nicht.

Über Marcel 584 Artikel
Film ist eine Sprache die jeder versteht. Egal ob in serieller Form oder als Animation, Film dient den Menschen als Unterhaltung und begeistert durch seine Vielfältigkeit. Sei es auf den Ebenen der Erzählung, Effekten oder Charakteren. Film ist aber nicht nur eine Sprache, sondern eine Kunstform, ganz gleich in welcher Art und Weise. Das was ich an Film und allgemein an Medien liebe, ist die Vielfältigkeit, die verschiedenen Ebenen insbesondere die Meta Ebenen und in neue Welten einzutauchen. Aber auch Kritik und Lösungsvorschläge filmisch an unserem heutigen System auszuüben und zu zeigen, wie die Welt in der Zukunft aussehen könnte. "Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein".

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