Yakuza: Like a Dragon (PlayStation 4) | Review

Mit dem siebten Teil ihrer erfolgreichen Yakuza Reihe geht Entwickler Ryu Ga Gotoku ein sehr gewagtes Risiko ein. So steuern wir nicht nur zum ersten Mal den neuen Protagonisten Ichiban Kasuga und der Hauptspielort wird von Tokyo nach Yokohama geschoben, sondern auch das komplette Genre wird einfach ausgetauscht. Anstelle wie sonst ein umfangreichen Brawler zu servieren, gibt es dieses Mal ein waschechtes JRPG. Ob das überhaupt funktionieren kann, konnte ich bereits ausführlich für euch testen. 

Neujahrsvorsätze

Silvester im Jahre 2000. Für Ichiban Kasuga geht sein Clan, die Azawa-Familie, ein kleiner Arm des Tojo Clans, über alles. Daher ist es für ihn auch selbstverständlich noch an Silvester zu arbeiten. Dass es sein letzter glücklicher Tag im Clan ist, konnte er in dem Moment natürlich noch nicht ahnen. Denn bereits ein Tag später, am ersten Tag des neuen Jahrtausends, wird er aufgefordert die Schuld für ein Mord auf sich zunehmen, um so das Bestehen seiner Yakuza-Familie zu sichern. Ichibans große Liebe zu Azawa, der für Ichiban fast eine Art Gott ist, lässt ihn nicht ein Mal kurz daran denken, die Bitte abzulehnen. Verurteilt geht er für 18 Jahre ins Gefängnis, mit dem Wissen, dass er danach mit beiden Armen warmherzig zurück zu seiner Familie gehen wird. Doch leider ist das Wiedersehen nicht so warm, wie unser Protagonist und Dragon Quest Fanatiker Ichiban sich das vorgestellt hat. Der zuvor in Tokyo herrschende Tojo Clan existiert nicht mehr und Ichiban landet plötzlich mit einer Kugel in seiner Brust in Yokohama. Niedergeschlagen bleibt ihm nur noch eins, mit seinen neuen Kameraden, die Wahrheit über die Entwicklung der Azawa Familie zu ergründen und die Schuldigen bezahlen zu lassen. 

Doch wie eingangs erwähnt prügelt ihr euch nicht wie sonst durch ein japanisches Stadtviertel, sondern bestreitet eure Auseinandersetzungen in rundenbasierten JRPG Kämpfe. Da passt es natürlich auch, dass Ichiban Kasuga ein riesiger Fan der berühmten Dragon Quest Reihe ist und auch nach dem Vorbild des Spiels sein Leben gestaltet. Kein Wunder daher, dass Sega auch das Marketing des Spiels im Westen ändert. Anstelle im Titel zu Zeigen, dass es sich um den siebten Teil des Franchise handelt, entfernt man die Zahl komplett und gibt dem Spiel den Untertitel Like a Dragon, was zugleich übrigens der originale japanische Name der Serie ist. Solltet ihr nun die Befürchtung haben, dass die Entwickler einfach nur die Kämpfe mit einem rudimentären JRPG Kampfsystem ausgetauscht haben, kann ich euch versichern, dies ist nicht der Fall. Yakuza: Like a Dragon ist ein richtiges JRPG mit sehr viel Tiefgang geworden. Man spürt an jeder Ecke die Liebe der Entwickler für das Genre. Das komplette Spiel ist vollgespickt an Referenzen an anderen RPGs wie Persona, Pokémon, Final Fantasy und natürlich das bereits erwähnte Dragon Quest.

Die Mischung machts

Die typische Grundstruktur der Vorgänger bleibt aber auch trotz des Gameplay Reboot erhalten. Ihr seid in einer kleinen Open World unterwegs, erledigt Story Aufgaben oder lasst euch durch eine schier Unmenge an Nebenbeschäftigungen, die auch die bekannten durchgeknallten Nebenaufgaben beinhalten, ablenken. So müsst ihr beispielsweise einem alten Mann helfen ein Geschenk für ein Kind zu finden, einen öffentlichen Pinkler dingfest machen oder auch einfach zusammen mit Yakuza etwas Milch aus Babyfläschchen genießen, während alle Männer nur Windeln tragen. Und das ist mit Abstand nicht das Seltsamste was ihr in Yakuza: Like a Dragon begegnen werdet. Auch die Spielautomaten kehren zurück. Erneut sind Spiele wie Virtua Fighter 2, Virtua Fighter 5, OutRun, Fantasy Zone und natürlich auch die in Japan so beliebten Kranspiele, mit denen Ichiban sein Inventar um ein paar Stofftiere aufwerten kann, dabei. Bei einigen von den Spielen ist es sogar möglich mit einem Kumpel den zweispieler Modus anzugehen.

Like a Dragon beinhaltet auch ein Casino, den wir jedoch noch nicht testen konnten, da die Automaten erst später separat heruntergeladen werden müssen. Auch in Shogi und Mahjong könnt ihr euch wieder messen. Ein nettes neues Minispiel ist das Dosen sammeln. Hier müsst ihr unter Zeitdruck auf der Map verteilte Dosen mit eurem Fahrrad einsammeln. Aber Obacht, ihr seid nicht die einzigen auf der Suche nach dem recyclebaren Material und einmal nicht aufgepasst, klaut euch die Konkurrenz ein Teil eurer Ladung. Habt ihr jedoch etwas Boost dabei, könnt ihr die Konkurrenz rammen um euch selber an deren Ladung bereichern.

Auch ein Kino gibt es zu besuchen. Diese erinnern an die Kinos von der Persona Reihe, da die Filme auf bekannte Klassiker basieren, aber dabei etwas durch den Kakao gezogen werden. Doch findet Ichiban die Sitze im Kino so gemütlich, dass er immer in Gefahr läuft einzuschlafen. Um das zu verhindern müsst ihr die bösen Ziegen, die sich im Kino verstecken, daran hindern ihren Schlafzauber auf unseren Protagonisten zu legen, was sich als kleines lustiges Reaktionspielchen herausstellt. Dazu gesellt sich das wahnwitzige Dragon Kart und das managen einer eigenen Firma.

Eine der beliebtesten Nebenbeschäftigungen der Vorgänger waren die Karaoke Bars und auch In Yakuza: Like a Dragon, darf dieses fantastische Hobby nicht fehlen. Nun sogar mit Songs in englischer Sprache, eine schöne Ergänzung meiner Meinung nach. Singen könnt ihr in der Stammbar eurer Gruppe das Survive. In der Bar können eure Protagonisten ein Mal die Seele baumeln lassen. Während eurer Reise könnt ihr durch das Kämpfen, unterhalten und Essen mit euren Freunden, eure Beziehungen verbessern. Ist der Wert hoch genug, könnt ihr mit eurem Kumpel oder Kumpeline in der Bar einen Trinken gehen und mehr über das Leben des anderen zu erfahren. Umso höher der sogenannte Drink Link ist, umso mehr Boni bekommt ihr. Das erinnert wahrscheinlich nicht nur zufällig an die Social Links aus Persona. 

Viel zu tun

In Yokohama angekommen, muss sich Ichiban aber zuallererst an die unbekannte Gegend gewöhnen. Gut das er sich schnell mit dem Ex-Pfleger und nun Obdachlosen Nanba anfreundet, der ihn durch den schweren Start in das neue Leben hilft. Er klärt unseren Helden auch über die Herrschaftsverhältnisse in Yokohama auf. Yokohama wird von drei Gruppen beherrscht: Dem Seiryu Clan der örtlichen Yakuza, Koreanische Gangster, die aus dem dunklen agieren und der Chinesischen Liumang Mafia und alle drei befinden sich im kalten Krieg. Dazu kommt noch eine kleine Gruppe von jungen und reichen Japaner die sich Bleach Japan nennen. Sie haben das Ziel, die Grauzonen aus dem Land “zu bleichen”. Dabei ist gerade das Rotlichtmilieu, in dem ihr euch bewegt, ein Dorn im Auge der Gruppierung. Um sich in Yokohama durchschlagen zu können, muss sich Ichiban und seine, im laufe des Spiels wachsende, Begleitschaft vorerst von Job zu Job hangeln. Dabei wird der Ex-Yakuza immer wieder in die Machenschaften der vier Parteien verwickelt. Jeder dieser Beschäftigungen beinhaltet dabei eine kleine in sich geschlossene Geschichte (Arc). Etwas was man zum Beispiel auch von der Dragon Quest Reihe kennt, wo jeder Ort ein kleinen eigenen Arc hat, die aber am Ende zu der übergeordneten Story führen. 

Die Faust des Drachen

Da man in Yakuza eher die wenigsten Konflikte mit Worte lösen kann, muss sich Ichiban immer wieder die Hände schmutzig machen. In Yakuza: Like a Dragon wird sehr viel gekämpft, da ist es gut dass das Kampfsystem ausgezeichnet geworden ist. Wie bereits eingangs erwähnt wird hier, ähnlich wie in klassischen Rollenspielen aus Japan strategisch in Runden gekämpft. Dabei hat man sich aber auch Vorbilder wie die Paper Mario Reihe genommen. So könnt ihr die meisten der Angriffsskills noch einen Boost geben, wenn ihr im angezeigten Moment aktiv den richtigen Knopf drückt. Auch die aktive Verteidigung solltet ihr nicht aus den Augen lassen. Drückt ihr kurz vor dem Schlag des Gegners die Kreis bzw. B Taste eures Controllers, könnt ihr einen Teil des Schadens abwehren. Natürlich spielen auch elementare Vorteile und Statusveränderungen wie Bluten, Lähmung und Furcht eine entscheidende Rolle im Kampf. 

Ob euer Team mit den richtigen Fähigkeiten und Statuswerte ausgestattet ist, entscheidet neben dem Level auch der Job der Gruppenmitglieder. An sich funktionieren diese genau wie das Jobsystem in einem Final Fantasy Titel. Nur sind es anstelle von Schwarzmagier und Krieger, hier Köche, Idols und Obdachlose. Festlegen müsst ihr euch dabei nicht. Im Jobcenter Hello Work könnt ihr jederzeit die Berufe wechseln. Welche Berufe ihr annehmen könnt hängt mit dem Geschlecht, Level und Drink Link der gewählten Figur zusammen. Der Beruf bestimmt auch welche Ausrüstung eure Figuren tragen können. Waffen bekommt ihr an vielen unterschiedlichen Ecken der Stadt, in Schatztruhen (hier verkörpert durch Aktenkoffer) und als Belohnung von Nebenaufgaben. Sollte das zu teuer sein, könnt ihr eure eigenen Waffen und Rüstungen schmieden oder alte verbessern lassen. Die Materialien dafür bekommt ihr meist als Belohnung nach gewonnene Kämpfe. 

Auch im Kopf muss man es haben

Ichiban hat jedoch neben seine Kampfwerte auch Persöhnlichkeitszüge, die Werte wie Güte, Selbstvertrauen und Leidenschaft widerspiegeln. Ist ein bestimmter Wert nicht hoch genug, bleiben euch einige Gespräche und Nebenquest vorerst verschlossen. Erhöhen könnt ihr die Werte in den Drink Links und in der Berufsschule. Hier kann Ichiban an Tests teilnehmen, die ihr mit eurem echten Allgemeinwissen unter Zeitdruck bestehen müsst. 

Technisch sieht Yakuza: Like a Dragon gut aus, auch wenn nicht viel besser als sein direkter Vorgänger. Der Detailgrad der Gegend und der Läden ist gewohnt sehr hoch, in seltenen Fällen stürzen die fps aber in der von uns getesteten PlayStation 4 Version leicht ein. Auch die Animationen der NPCs kommen gerne immer wieder aus dem Kopierer. Wenn man stärker darauf achtet kann es einen durchaus aus der Welt ziehen, wenn die namenlosen Figuren alle dieselbe, sehr rudimentäre Animation ausführen. Wollt ihr aber eine schöne Szenerie verewigen, bietet natürlich auch Yakuza: Like a Dragon den mittlerweile obligatorischen Fotomodus an. Wer zudem keine Lust auf die originale japanische Sprachausgabe hat, bekommt zum ersten Mal seit dem ersten Teil auf der PlayStation 2 auch wieder einen optionalen englischen Ton.

Fazit:

Yakuza: Like a Dragon beweist, dass Ryu Ga Gotoku nicht nur JRPG kann, sondern auch meisterlich beherrscht. Der siebte Teil des Gangsterepos ist ein mehr als gelungener Genre-Reboot der Reihe geworden und lässt nahezu keine Wünsche offen. Like a Dragon ist nicht nur für Kenner der Serie und Liebhaber von JRPGs zu empfehlen, sondern für Jeden, der auch nur etwas für Japan und Rollenspiele übrig hat. Ich hatte unglaublich viel Spaß mit Ichibans Abenteuer und werde sicherlich nicht zum letzten Mal mit ihm und seinen Freunden die Straßen von Yokohama unsicher machen. Yakuza: Like a Dragon ist ein weiterer Höhepunkt der Serie. 

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