
Bei dem Namen Shinsuke Sato hört jeder Fan des fernöstlichen Kinos auf. Als einer der wenigen gelang es Sato immer hochwertige bis zeitlose Manga Adaptionen abzuliefern. Der Regisseur der Ganz Filme, I‘m a Hero und Kingdom widmet sich einer weiteren Mangaverfilmung mit Alice in Borderland zu. Eine Geschichte die den meisten hierzulande eher kein Begriff sein wird. Bis auf drei OVAs gibt es zu dem Manga, den es leider auch bisher nicht in deutscher oder englischer Sprache gibt, nichts. Wie man sich schon denken kann, ist Alice in Borderland wieder eine der vielen losen Interpretationen von Lewis Carrolls zeitlosem Klassiker „Alice in Wunderland“. Nur gibt es hier keine sprechenden Fantasiewesen. Das Ganze ist hier deutlich realistischer aufgezogen.
Arisu ist ein hochintelligenter Videospiel Nerd, der sein Potenzial nicht nutzt und den ganzen Tag nur zockt. Gemeinsam mit seinen Freunden Karube und Chota landet er nach einem beinah Zwischenfall mit der Polizei in einer ausgestorbenen Welt. In diesem Ort gibt es sogenannten Spiele, doch wer die verliert, stirbt. Nun müssen Arisu und co. versuchen in ihre Welt zurückzukehren und dabei nicht zu sterben. Denn in dieser Welt gibt es keinen Reset Knopf.
Soweit so gut. Jeder, der Alice im Wunderland kennt, wird in den Eigenschaften und Charakterzeichnungen Parallelen zum Original erkennen. Beispielsweise der verrückte Hutmacher ist hier ein Klubbesitzer, Arisu ist eine Form von Alice und der weiße Hase, eine Bergsteigerin namens Usagi. Auch die berühmten Spielkarten sind hier wieder von großer Bedeutung. Nur ist es diesmal eine Mischung aus Cube, Saw und Battle Royale, inklusive der Härte und des hohen Kill Scores.
Die Motive sind bekannt und wer schon von vornherein ein Problem mit der fernöstlichen Machart hat, also dem melodramatischen, teilweise extrem überzogenen und hochemotionalen bis hin zu Over the Top Charakteren wird hier wenig Freude haben. Denn Alice in Borderland ist trotz ihrer fantastischen Kameraeinstellungen, dem beeindruckenden Worldbuilding und dem für japanische Verhältnisse überraschenden hervorragenden Computereffekten am Ende eine japanische Mangaverfilmung mit all ihren Stärken und Schwächen.
Nur das die Stärken bei Alice in Borderland ganz klar überwiegen. Die Charakterzeichnungen sind vielschichtiger, die Spiele in ihrer Kreativität und Spannung sehr unterhaltsam und nicht sehr leicht zu durchschauen, sodass der Zuschauer neben der Brutalität auch zum Mitraten angewiesen ist. So erkannt man bekannte Spiele wie das Fangen und Verstecken wieder nur halt deutlich masochistischer.
Ein Beispiel: Anders als sonst ist es nicht der Fall des einsamen Wolfs, jeder stirbt für sich alleine, sondern du musst als Team agieren, um des Rätsels Lösung zu erfahren. Das wiederum ist mit den Skills verbunden, die du schon hattest, vor dem Borderland. Bei einem Sieg bekommst du ein Visa, dass ein Ablaufdatum hat, je höher das Visa, desto länger kannst du leben. Dazu kommt, dass die Regeln der Spiele deutlich komplexer und ausgeklügelter sind, als sie auf dem erstem Blick erscheinen. Hier geht es nicht nur ums Überleben, sondern mit wem und wie.
Auch verinnerlicht die Serie das „Show don‘t tell Prinzip“. Nicht jede Handlung/ Fähigkeit oder Spielprinzip wird bis zum geht nicht mehr auserzählt, sondern hierbei ist eher das geschulte Auge gefragt. Gerade zu Beginn werden sehr viele später essenziell wichtige Information in Form von Bildern gestreut.
Die Handlungen und Motive der Charaktere sind nachvollziehbar und gehen einem in ihrer ungeschönten Realität sehr an die Nieren. Sodass sich oft die Frage stellt: „Wie würde ich in so einer Situation handeln?“ Nur abseits der Spiele verliert sich die Serie etwas in bekannten japanischen Motiven, die einige Zuschauer als störend, nervig und überzogen einschätzen könnten.
Gerade wenn es an den sogenannten Beach geht, kommen Konflikte zustande und belanglose Hintergrundinformationen zwischen Figuren, die der Story nichts hinzufügen. Das Pacing nimmt zwischenzeitlich stark ab, fängt sich jedoch im Finale wieder.
Nichtsdestotrotz ist die Serie kurzweilig, sehr unterhaltsam und macht definitiv Lust auf mehr. Auch diesmal hat Shinsuke Sato bewiesen, dass Mangaverfilmungen nicht wie Attack on Titan, Death Note und andere Vertreter ihrer Zunft enden müssen
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